Dienstag, 20. August 2013

#200- Selbsthass



Heute möchte ich etwas persönlicher werden. Ich schreibe oft über Dinge die ich mag, die mich faszinieren und auch oft erzähle ich oberflächliche Sachen über mich. Aber heute möchte ich über etwas schreiben was mich seit Jahren beschäftigt und was der ein oder andere vielleicht auch kennt. SELBSTHASS. Es gab eine Zeit in meinem Leben in der mich gehasst habe, richtig gehasst. Ich konnte nicht  einmal mehr in den Spiegeln schauen, weil ich mich vor meinem Spiegelbild geekelt habe. Das was ich dort gesehen habe, dass war nicht ich. Alles was ich dort sah, war hässlich, abstoßend, ein Monster. Ich akzeptierte mich nicht, akzeptierte mein Gesicht und mein Körper nicht. Redete mir immer und immer wieder ein, dass ich abartig war, dass ich es nicht verdiente glücklich zu sein, dass ich es nicht verdiente geliebt zu werden oder Freunde zu haben.
 Dieser Selbsthass kam nicht plötzlich über Nacht. Seit ich denken kann wurde ich fertig gemacht. In der Schule war es am schlimmsten. Ich weiß nicht wieso mich die Schüler damals nicht so akezeptiert haben wie ich war. Immerhin habe ich ihnen nie was getan. Aber irgendwann fragt man  nicht mehr nach dem  Warum, dann nimmt man alles so hin wie es kommt. Man steckt die bösen Worte ein und nimmt sie mit nach Hause. Egal wie sehr sie wehtun. Und auch wenn man es sich immer und immer wieder ausgemalt hat, Abend wenn man heulend im Bett liegt, was man sagen kann, wie man sich wehren kann, man tut es doch nicht. Weil man weiß, man ist alleine gegen der Rest der Welt. Und irgendwann zweifelt man an sich selber und glaubt an alles negative was andere sage und so fängt es an .der Selbsthass.


Und was dann? Wenn der Selbsthass sich tiefer und tiefer in deine Gedanke bohrt, sich an deine Seele festbeißt und du es einfach nicht mehr los wirst? Du greifst zur Klinge. Die ersten Schnitte sind nur oberflächlich, sie bluten nicht einmal. Dennoch spürst du dass es sich gut anfühlt, auf eine verbotene Weise. Doch irgendwann reicht dir das nicht mehr. Du drückst die Klinge immer tiefer in deinen Arm. Wunden`? Narben? Daran denkst du nicht. Nicht in diesem Moment. Du schneidest den Selbsthass aus dir raus. Zumindest versuchst du es. Du schneidest immer wieder, immer tiefer aber der Selbsthass bleibt.
Die Klinge kann dir nicht helfen ihn los zu werden, vielleicht denkst du dass und es fühlt sich für einen kleinen Moment so an, als würde sie dir helfen. Aber im Grunde ist die Klinge nur eine silbern glänzende Lüge. Den das Einzige was sie tut ist dich in einen Teufelskreis zu ziehen.

Ich brauchte 8 Jahre um genau das zu kapieren. Zu verstehen dass die Klinge mir nicht half. Das sie mich genauso kaputt machte, wie das Mobbing damals und wie der Selbsthass. Man kann Feuer nicht mit Feuer bekämpfen. Die Flamme wird dadurch nur größer und genauso war es hier auch. Nach jedem Schneiden, nach jeder neuen Wunde habe ich mich mehr gehasst.

Ich holte mir Hilfe. Es war schwer aber es war richtig. Dank meinen Hausarzt bekam ich sehr schnell einen Platz in einer Klinik. Ich hatte Angst. Aber ich wusste das es nicht anders geht. Vier Wochen. Einen Monat. Viele Tränen sind geflossen. Es wurde gelacht. Gehofft und man lernte sich selber besser kennen. In diesem einen Monat habe ich wunderbare Menschen kennen gelernt. Mit einigen habe ich heute noch Kontakt. Ich bin stolz auf mich, dass ich diesen Schritt gewagt habe. Die Klinik, die Menschen dort sie haben mir geholfen. Sehr sogar. Ja mein kompletter linker Arm ist vernarbt er sieht nicht schön aus, aber ich schäme mich nicht mehr für ihn. Die Narben gehören zu mir, genauso wie meine Tattoos und auch ich habe ein Recht darauf im Sommer im Shirt rum zu laufen. Ob ich oft wegen meinen Narben schief angeguckt werde? Ja, aber ich lächle  diese Leute dann an. Früher habe ich sie dafür gehasst, heute nicht mehr. Menschen sind naiv und dumm, vor allem wenn sie etwas sehen was sie nicht kennen. Ich hab zu viel Liebe zu vergeben als das ich sie mit irgendwelchen bösen Worten verjagen will.

Das mit dem Selbsthass, es wird noch ein langer Weg werden bis ich den endlich ganz besiegt habe. Aber ich bin auf einem guten Weg. Tag für Tag lerne ich mehr mich so zu mögen wie ich bin. Ich sehe in den Spiegel, lächle und sage zu mir selber. „Du bist toll, so wie du bist und du bist hübsch.“ Das mag vielleicht für den ein oder anderen blöd und albern klingen aber mir hilft es ungemein mein Selbstbewusstsein zu stärken.

Denkt daran: IHR SEIT WUNDERVOLL. IHR SEIT WUNDERSCHÖN. SO WIE IHR SEIT SEIT IHR PERFEKT. IHR SEIT EINZIGARTIG UND OHNE EUCH WÄRE DIE WELT NUR HALB SO SCHÖN


Mein Name ist Tamy. Ich bin 23. Borderliner und genau so bin ich richtig. Und trotz meiner Narben bin ich hübsch ;)


10 Kommentare:

  1. Das ist ein toller Post :) Ich habe mich im Text richtig wiedergefunden, habe den Selbsthass an manchen Tagen immer noch, aber nicht mehr täglich.. Freut mich, dass du auch so gute Erfahrungen in der Klinik gemacht hast ♥ Narben erzählen Geschichte und sie gehören eben dazu. Dafür würde ich mich niemals schämen.. aber ich werde meine Arme evtl zutätowieren, damit man sie nicht mehr soo sieht, wobei sie sowieso nur noch schwach sichtbar sind..

    Grüsse ♥

    Die 3. Staffel kommt im Oktober :)

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  2. Was für ein schöner post. Ich fühlte mich auch mal so. Erstaunlich viele bloggerinnen wurden gemobbt und sind nicht so selbstbewusst, wie sie aussehen. Ich gehöre auch dazu. Super, dass du anderen mut machst!

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  3. Der text ist soooo gut geschrieben und wahr, dass ich ihn ein zweites mal gelesen habe..

    Viele denken, dass ich oberflächlich bin, wenn sie meinen blog lesen. Aber ich will einfach nur die schönen seiten im leben zeigen, um die schlechten zu unterdrücken...

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  4. Toller, ehrlicher Text! Danke dafür, das baut sehr auf und sowas muss man zwischendurch einfach mal hören. :)

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  5. Dankeschön :) Heute war das Treffen mit meinem Vater aber werde morgen oder so drüber bloggen.

    Das mit dem Selbsthass kenne ich leider auch nur zu gut. Habe das heute schlimmer als früher aber habe mich zum Glück nie geritzt... hätte viel zu große Angst vor den Schmerzen und ausserdem macht es die Situation ja auch nicht besser. Ich freue mich dass du auf einem guten Weg bist und deinen Selbsthass immer mehr überwindest <3

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  6. Wahnsinnig gut und emotional geschrieben.
    Das sind auch sehr aufbauende Worte am Schluss :*

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  7. Wow Dein Text ist toll und ich glaube, dass jeder schon solche Phasen in seinem Leben durchgemacht hat. Aber halt nicht so intensiv wie Du. Aber es ist toll zu hören, dass es Dir besser geht und Du Dich nicht unterkriegen lässt :)

    Liebe Grüße
    Doreen

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  8. Magst du bei meinem Blogprojekt über Bodymodification mitmachen? :)
    Geht darum, dass ihr in einem Beitrag beschreibt, wie ihr dazu kamt, was ihr so habt & evtl die Bedeutung plus paar Bilder :)

    http://headlessandhappy.blogspot.de/2013/08/postwunsche-gastblogger-und-blogprojekt.html

    Grüsse ♥

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  9. Toller Blog:)
    Schau doch mal bei mir vorbei;)

    Liebe Grüße

    Rosy116

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  10. Wow was für ein toller Text richtig klasse und sehr emotional. Vielen denken ich sei arrogant, wenn sie mich auf der Straße sehen, aber das bin ich nicht.In mir drin sieht es ganz anders aus, Damals wurde ich auch gemobbt, war die graue Maus und hatte kein Selbstbewusstsein. Heute bin ich das komplette Gegenteil von früher und darauf bin ich sehr stolz. Die Vergangenheit prägt uns alle und macht uns zu dem was wir heute sind :)

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